Pussy Riot

4.11.2012 (14:00)

Akademie der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V..BerlinTiergartenstraße 35, 10785 Berlin.

Eine Diskussions- und Vortragsveranstaltung
und eine ordentliche Mitgliederversammlung

Referenten sind:

Nikolai Polozov, Rechtsanwalt, Moskau (Strafverteidiger von Pussy Riot)
Andre Sikojev, Priester, Beauftragter am Sitz der Bundesregierung und des Deutschen Bundestages, Russisch-Orthodoxe Diözese des orthodoxen Bischofs von Berlin und Deutschland,
Martin Valchanov, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Ostrecht der Universität Köln,
Dr. Rainer Birke, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht, Düsseldorf,
Dr. Stefan Meister, Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V., Berlin,

Moderatorin: Karin Holloch, Rechtsanwältin, Düsseldorf

Programm:

Pussy Riot ist eine 2011 in Moskau gegründete Punkrock-Band, die durch spontane Auftritte an öffentlichen Orten auf sich aufmerksam gemacht hat. Drei der Bandmit-glieder – Maria Aljochina, Nadeschda Tolokonnikova und Jekaterina Samuzewitsch – wurden für ihr „Punk-Gebet“ am 21. Februar 2012 in der Christi-Erlöser-Kathedrale in erster Intanz zu je zwei Jahren Lagerhaft wegen Rowdytums aus religösem Hass verurteilt. Am 10. Oktober 2012 bestätigte das Berufungsgericht das Urteil gegen Al-jochina und Tolokonnikova, Samuzewitsch wurde auf Bewährung freigelassen.

Das Verfahren und die Verurteilung haben vielfache internationale Reaktionen aus-gelöst: Stars wie Sting, Madonna oder Paul McCartney haben die Musikerinnen öf-fentlich unterstützt. Bundeskanzlerin Angela Merkel kritisierte das erstinstanzliche Ur-teil als „unverhältnismäßig hart“. Es stehe „nicht im Einklang mit den europäischen Werten von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie“. Russische Anwälte veröffentlichten einen offenen Brief, in dem sie das Verfahren und die Verurteilung als unrechtmäßig bezeichnen.

Russische Meinungsumfragen zeigen ein anderes Bild: Laut dem Forschungsinstitut Romir bewerten 70 % der russischen Bevölkerung den Auftritt von Pussy Riot nega-tiv. Das Institut Levada teilte mit, dass 46 % der Russen eine Bestrafung zwischen zwei bis sieben Jahren adäquat finden, 44 % der Russen glauben an die Objektivität des Gerichtsprozesses.

Dieses weite Meinungsspektrum wollen wir am 14. November 2012 aufgrund von ju-ristischen Analysen diskutieren. Welche Strafnormen sind hier angewendet worden? Hat ein objektives und faires Verfahren stattgefunden? Worauf gründet sich die starke Ablehnung des Urteils im westlichen Ausland?

Diskutieren werden Nikolai Polozov, Verteidiger der verurteilten Bandmitglieder, der als Verfahrensbeteiligter aus Sicht der Täterinnen sprechen wird. Priester Andre Sikojev stellt dem die Sichtweise der russisch-orthodoxen Kirche gegenüber, die die Verletzung eines Sakralraumes und von religösen Gefühlen geltend macht.

Martin Valchanov hat die juristische Fakultät der MGIMO (Moskau) absolviert und promoviert zum russischen Kirchenrecht. Er wird den russischen Straftatbestand des Rowdytums sowie die Rechtsstellung der russischen Kirche beleuchten. Dr. Rainer Birke, Fachanwalt für Strafrecht, stellt dem rechtsvergleichend die deutschen Rechts-normen entgegen und wird darstellen, wie ein solcher Auftritt in Deutschland beurteilt worden wäre.

Sowohl Präsident Putin als auch Ministerpräsident Medwedew haben zu dem laufen-den Verfahren Stellung genommen. Die politische Dimension und auch die Politisierung des Strafverfahrens wird Dr. Stefan Meister analysieren.