Frankfurter Erklärung der Deutsch-Russischen Juristenvereinigung zum Rechtsdialog mit Russland in schwerer Zeit

Frankfurt am Main

Seit mehr als 33 Jahren widmen wir uns mit großem Engagement den Rechtsbeziehungen zwischen Russland und Deutschland. In unzähligen Konferenzen, Zusammenkünften, Publikationen etc. haben wir uns für Recht und Gerechtigkeit in beiden Rechtssystemen eingesetzt. Unsere Website mit umfangreichen, frei zugänglichen Informationen und einem großen Archiv zeugt davon. Die aktuellen Ereignisse haben uns in unseren Grundfesten erschüttert. Die „Frankfurter Erklärung der Deutsch-Russischen Juristenvereinigung zum Rechtsdialog mit Russland in schwerer Zeit“ finden Sie nachstehend. Sie wurde auf der Mitgliederversammlung der DRJV am 24.6.2022 in Frankfurt ausgiebig diskutiert und ohne Gegenstimme angenommen.

In der aktuellen Situation können wir nicht wie gewohnt weiter tätig sein. Diese Überzeugung läuft für die DRJV auf ein weiteres Vorgehen in mehreren Phasen hinaus. Die Mitgliederversammlung beschloss, das nächste Jahr bis zur Mitgliederversammlung 2023 als Übergangsphase zu betrachten. In dieser Periode soll der Vorstand der DRJV die Aktivitäten der Vereinigung mit Vorsicht und Umsicht fortführen. Geeignete Möglichkeiten zum Dialog sollen wahrgenommen werden. Russische Kolleg:innen dürfen durch die Teilnahme an DRJV-Aktivitäten in ihrem Heimatland nicht in Gefahr geraten. Dies legt es nahe, in der Übergangszeit mehr eine beobachtende Perspektive wahrzunehmen als einem Kooperationsansatz zu folgen.

 

Frankfurter Erklärung der Deutsch-Russischen Juristenvereinigung

zum Rechtsdialog mit Russland in schwerer Zeit

Die Deutsch-Russische Juristenvereinigung e.V. ist bestürzt über den von Russland gegen die Ukraine geführten Krieg und missbilligt diesen. Wir können keinerlei völkerrechtliche, politische oder sonstige Gründe erkennen, die es erlauben, die Friedensordnung in Europa zu zerstören. Auch die Verfassung der Russischen Föderation erlaubt einen Angriffskrieg gegen die Ukraine nicht. Wir weisen historische Erklärungen, die beabsichtigen, die Staatsgrenzen der Ukraine und deren nationale Souveränität infrage zu stellen, entschieden zurück, da sie jeder denkbaren Rechtsgrundlage entbehren. Nur die Anerkennung bestehender Grenzen in Europa ist geeignet, friedensstiftende und dauerhafte Lösungen herbeizuführen. Die Beendigung des Krieges muss auf der Grundlage der international anerkannten Regeln des Völkerrechts erfolgen.

Wir Juristen sind dem Recht, dem Gesetz und der Gerechtigkeit verpflichtet. Willkür und Rechtsbruch werden von uns auf das schärfste abgelehnt und bekämpft. Die Deutsch-Russische Juristenvereinigung e.V. wird wie bisher auch in Zukunft unterschiedlichen professionellen Meinungen eine offene Plattform bieten. Wir lieben es, sachlich und fachlich zu diskutieren. Dem Rechtsmissbrauch und dem Rechtsnihilismus wird sich unsere Vereinigung auch zukünftig nach Kräften widersetzen.

Unsere Sympathie gilt unverändert den Berufskollegen und den nach Rechtsstaatlichkeit und Gerechtigkeit strebenden Menschen in der Ukraine und in Russland.

Wir sehen uns solidarisch verbunden mit unserer Partnerorganisation, der Deutsch-Ukrainischen Juristenvereinigung e.V. Allen denen, die Leid und Verlust, Schmerz und Trauer aufgrund dieses furchtbaren Angriffs auf die Ukraine erleiden, gilt unser tief empfundenes Mitgefühl.

(Diskutiert und verabschiedet auf der Mitgliederversammlung der Deutsch-Russischen Juristenvereinigung am 24.6.2022 in Frankfurt am Main)