Russland plant weitreichende Änderungen im Anwaltsrecht

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Das Justizministerium der Russländischen Föderation hat am 11. Juli 2025 auf dem Föderalen Portal für Gesetzgebungsentwürfe den Entwurf eines umfangreichen Artikelgesetzes zur Änderung der Vertretung der Parteien vor Gerichten und der Berufstätigkeit der Rechtsanwälte veröffentlicht. Das Änderungsgesetz ist bisher noch nicht in die Staatsduma eingebracht worden. Die Änderungen betreffen das Gesetz über die Anwaltstätigkeit, die Zivil-, Wirtschafts-, Verwaltungs- und Strafprozessordnungen sowie das Insolvenzgesetz. Unter Hinweis auf Art. 48 der Verfassung der R.F. (Rechtsbeistand und Verteidiger) strebt das Justizministerium eine Professionalisierung der gerichtlichen Vertretung und eine Festigung der standesrechtlichen Ethik der Rechtsanwaltschaft an. Das Inkrafttreten der Änderungen ist im Wesentlichen für den 1. Januar 2028 vorgesehen. Im Ergebnis bedeutet der Gesetzentwurf, sollte er so verabschiedet werden, eine deutliche Ausweitung des Anwaltsmonopols, eine erhebliche Einschränkung der Autonomie der Anwaltschaft und verstärkte Kontroll- und Eingriffsrechte des Justizministeriums.
Der jetzt erfolgten Vorlage des Gesetzentwurfs sind langjährige Diskussionen vorausgegangen. Es überrascht nicht, dass der Entwurf vielfältige kritische Stellungnahmen ausgelöst hat, nicht zuletzt aus der Anwaltschaft, obwohl deren Stellung im Prinzip aufgewertet werden soll. Eine spontan ins Leben gerufene „Vereinigung von Anwälten“ (gesamtrussländische gesellschaftliche Bewegung, https://law-unity.ru) vereint schon nach wenigen Tagen weit über 3.000 Juristinnen und Juristen aus ganz Russland, die den Gesetzesentwurf kritisch sehen. Es ist mit hoher Wahrscheinlichkeit mit weiteren Änderungen des Gesetzesentwurfs vor Einbringung in das Parlament oder während des Gesetzgebungsverfahrens zu rechnen.
War bisher der Kreis der Personen, die vor Gericht als Parteivertreter auftreten durften, recht weit gefasst, soll zukünftig das Anwaltsmonopol stark ausgeweitet werden. Nur zugelassene und staatlich registrierte Rechtsanwälte sollen als Parteivertreter agieren dürfen, abgesehen von nahen Verwandten in bestimmten Fällen. Auch Juristen mit entsprechender Hochschulausbildung, die aber keine Rechtsanwälte sind, sollen nicht (mehr) vor Gericht auftreten dürfen. Diese Regelung steht im Widerspruch zu einer Entscheidung des russischen Verfassungsgerichts von 2004 (Beschluss 15-P vom 16.7.2004), das ausdrücklich betont hatte, dass eine Privilegierung der Anwaltschaft gegenüber anderen privat praktizierenden Juristen unzulässig sei.
Auch für in Russland tätige Anwältinnen und Anwälte aus ausländischen Staaten enthält der Gesetzesentwurf einschränkende Bestimmungen. Die schon heute bestehende Pflicht der Eintragung ausländischer Rechtsanwälte in ein staatliches Register (Art. 2 Abs. 6 und 7 Gesetz über Anwaltstätigkeit) wird erweitert um eine jährliche Überprüfung mit dem beizubringenden Nachweis, dass die anwaltliche Zulassung im Heimatstaat fortbesteht.
Die verschärfte Kontrolle der ausländischen Anwältinnen und Anwälte ist nur eine der zahlreichen Maßnahmen, die eine stärkere Reglementierung anwaltlicher Tätigkeit durch das Justizministerium bedeuten. Dass vermehrt Fälle vorkommen in denen Rechtsanwälte unseriös handeln und der Staat nicht regelnd eingreifen könne, ist zum einen ein Ausdruck des Misstrauens gegen die Qualität der standesgerichtlichen Verfahren, dient andererseits aber offenbar auch dazu, in viel weitergehender Form die Autonomie der Anwaltschaft zurückzuschneiden. Jedenfalls erhält das Justizministerium in sehr viel größerem Maße die Möglichkeit, administrativ gegen missliebige Rechtsanwälte vorzugehen.
Da sich gegen den Gesetzesentwurf massiver Widerstand russischer Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte formiert, ist zu hoffen, dass der Gesetzesentwurf jedenfalls nicht in dieser Form durch den Gesetzgebungsprozess hindurchkommen wird. Die DRJV wird die Entwicklung weiter beobachten und dazu berichten.