Der DRJV ist durch Anfragen in den letzten Wochen von Familienrichterinnen und Familienrichtern aus Hamburg und Schleswig-Holstein an unser Vorstandsmitglied Florian Roloff (auch Fachanwalt für Familienrecht) nach russischsprachigen Verfahrensbeiständen bekannt geworden, dass großer Bedarf an Verfahrensbeiständen mit russischen Sprachkenntnissen besteht.
Diesen offenbar bestehenden Bedarf für die Justiz zum einen, zum anderen aber auch die Problematik für in Deutschland lebende russische Juristinnen und Juristen, aufgrund des deutschen Rechtsberatungsgesetzes nicht rechtsberatend tätig werden zu dürfen und damit häufig nicht in Deutschland der beruflichen Qualifikation entsprechend tätig werden zu können, nehmen wir zum Anlass, unsere Mitglieder auf eine mögliche Tätigkeit als Verfahrensbeistand hinzuweisen.
Wer nicht im Familienrecht tätig ist, weiß in der Regel nicht, was ein Verfahrensbeistand ist. Verfahrensbeistände werden nach § 158 FamFG vom Familiengericht in Kindschaftssachen dem minderjährigen Kind beigeordnet, soweit dies zur Wahrnehmung der Interessen des Kindes erforderlich ist. Hintergrund ist, dass die Eltern, die zum Beispiel in Umgangs- und Sorgerechtsangelegenheiten um das Kind streiten, naturgemäß unterschiedliche, eigene Interessen haben und dadurch eine objektive Interessenwahrnehmung des Kindes erforderlich ist. Diese wird durch den vom Gericht beizuordnenden Verfahrensbeistand gewährleistet, was in einem Großteil der Kindschaftssachen standardmäßig erfolgt.
Die Tätigkeit eines Verfahrensbeistands wird durchaus angemessen vergütet: In der Regel werden Verfahrensbeistände mit großem Wirkungskreis bestellt, die Tätigkeit wird mit 550 € pro Kind und Verfahrensgegenstand vergütet. Bei Familien mit mehreren Kindern und verschiedenen Verfahrensgegenständen (z. B. Sorge- und Umgangsrecht, Hauptsache und einstweilige Anordnung, häufig auch zusammen verhandelt) kommt man somit durchaus für eine Tätigkeit auf eine Vergütung im höheren vierstelligen Bereich.
Seit vielen Jahren sind wir in der Deutsch-Russischen Juristenvereinigung mit der Problematik konfrontiert, dass russische Juristinnen und Juristen, die in Deutschland leben, trotz hervorragender Deutschkenntnisse nicht in den klassischen juristischen Berufen (Richterin/Richter, Staatsanwältin/Staatsanwalt und Rechtsanwältin/Rechtsanwalt) tätig sein dürfen, wenn sie nicht die beiden deutschen juristischen Staatsexamina „nachgeholt“ haben – für die meisten Juristinnen und Juristen aus Russland trotz ggf. jahrelanger Berufserfahrung eine große Hürde.
Für Verfahrensbeistände gelten die Beschränkungen des Rechtsberatungsgesetzes nicht, insofern ist die mögliche Tätigkeit als Verfahrensbeistand für alle am Familienrecht interessierten russischen Juristinnen und Juristen eine gute Möglichkeit, auch juristisch und durchaus lukrativ arbeiten zu können. Den Bedarf insbesondere an russischsprachigen Verfahrensbeiständen scheint es, wie eingangs dargelegt, zu geben. Eine interessante Nische, mit der man auch, ob nun nur gelegentlich oder auch in größerem Umfang („Vollzeittätigkeit“) gut verdienen kann.
Interessentinnen und Interessenten haben vorliegend bereits eine Vielzahl von relevanten Informationen erhalten. Wer die Voraussetzungen erfüllt, kann beim Gericht der Wahl nach dem konkreten Bewerbungsprozedere fragen. Verlangt werden wohl regelmäßig Bundeszentralregisterauszug und negative Schufa-Auskunft und die Bereitschaft, sich auch fortbilden und ggf. zertifizieren zu lassen.
Gerne steht unser Vorstandsmitglied Florian Roloff aber auch als Ansprechpartner mit weiteren Hinweisen und Tipps zur Verfügung (Kontakt per E-Mail über vorstand@drjv.org oder telefonisch unter 040/3899930).